- Ruhr-Universität Bochum
Rechenzeit- und energieeffiziente modellprädiktive Regelung
Modellprädiktive Regler können Beschränkungen (z.B. Grenzwerte für Temperaturen, Drücke oder Ströme) systematisch berücksichtigen. Weil modellprädiktive Regler für komplexe Systeme zwar aufwändiger werden, aber ihre Umsetzung nicht grundsätzlich schwieriger wird, sind sie für viele praktische Anwendungsfälle attraktiv.
Angesichts ihrer Vorteile ist es nicht verwunderlich, dass modellprädiktive Regler einen hohen Rechenaufwand zur Laufzeit erfordern. Der hohe Rechenaufwand kommt zustande, weil laufend in Echtzeit numerische Optimierungsaufgaben gelöst werden müssen. Mit diesen Optimierungsaufgaben werden, unter Berücksichtigung aller Beschränkungen wie den oben genannten Grenzwerten, Werte für die Steuersignale ermittelt, die eine problemspezifische Kostenfunktion minimieren (vgl. Abbildung 1). Die zu minimierenden Kosten können z.B. den Energieaufwand zur Stabilisierung des Systems beschreiben.
Abbildung 1: Illustration der Funktionsweise eines modellprädiktiven Reglers. Das zu regelnde System hat einen Zustand und einen Eingang und soll in den Ursprung geregelt werden. Die Optimierungsaufgabe macht mit Hilfe eines Systemmodells eine Vorhersage über eine feste Zahl von Zeitschritten in die Zukunft (hier umfasst der Vorhersagehorizont Schritte). Die roten Bereiche stellen verbotene Zustände und Eingänge dar, der senkrechte schwarze Strich markiert den aktuellen Zeitpunkt. Die grünen Linien zeigen die mit dem Modell vorhergesagten optimalen Stellgrößen- und Zustandsverläufe (Zukunft), die blauen Linien zeigen die tatsächlichen Verläufe (Vergangenheit).
Der Rechenzeitbedarf für das Lösen der Optimierungsaufgabe in Echtzeit ist oft der limitierende Faktor, insbesondere wenn der Regler auf einem eingebetteten System wie einem Mikrocontroller umgesetzt werden muss. Selbst wenn die nötige Rechenleistung zur Verfügung steht, gilt es den Energiebedarf des Reglers zu berücksichtigen, der aufgrund der numerischen Komplexität höher ausfällt als bei praktisch jeder anderen regelungstechnischen Methode.
Am Lehrstuhl werden eine Reihe von Techniken entwickelt, mit denen der Energiebedarf modellprädiktiver Regler reduziert werden kann. Ein sehr wichtiger Ansatz, der sehr grundlegende Forschungsfragen aufwirft, besteht darin, die Menge aller optimalen Steuersignale für alle denkbaren Systemzustände vor der Inbetriebnahme des Reglers vollständig zu charakterisieren und geschickt so zu speichern, dass statt einer Berechnung zur Laufzeit nur noch ein Nachschlagen notwendig ist. Ein Ansatz, der am Lehrstuhl entwickelt wurde, nutzt aus, dass viele optimale Signale schon durch eine viel einfachere Optimierungsaufgabe (mit einem kurzen Horizont ) festgelegt sind. Abbildung 2 illustriert für ein einfaches Beispiel, dass das Vergrößern des Horizontes die Lösung nur noch am Rand verändert. Diese Eigenschaft kann allerdings nur unter strengen Voraussetzung gewährleistet werden (linear-quadratische Aufgaben mit Terminalkosten und –bedingungen). Die Erweiterung dieser Technik auf anspruchsvollere Problemklassen ist Gegenstand der Forschung.
Abbildung 2: Partition des Zustandsraums der Lösung einer linear-quadratischen Optimierungsaufgabe für unterschiedliche Horizonte.
Ein weiterer Ansatz, der am Lehrstuhl entwickelt wurde, nutzt Symmetrien des zu regelnden Systems und des sich ergebenden optimalen Reglers aus. In einem solchen Fall muss nur ein Teil der Lösung berechnet werden (Abbildung 3, links) und alle symmetrischen Teile können mit sehr viel geringerem Aufwand ergänzt werden (Abbildung 3, rechts). Auf diese Weise wird sowohl die Berechnung vor der Inbetriebnahme vereinfacht, als auch der Aufwand zur Ermittlung der optimalen Signale im Betrieb.
Abbildung 3: Partition des Zustandsraums für ein Beispiel mit Symmetrien. Links ist der durch Optimierung zu berechnende Teil gezeigt, rechts sind die symmetrischen Teile ergänzt.