- Ruhr-Universität Bochum
Adaptiver Zweipunktregler mit minimalem Aufwand bei der Inbetriebnahme
Selbst vergleichsweise einfache Regler (z.B. PID-Regler) sind in vielen technischen Anwendungen nicht auf die Regelaufgabe abgestimmt, weil beim Anwender das Know-How für ein Reglertuning fehlt.
Zweipunktregler sind so einfach, dass kein Tuning notwendig ist. Zudem sind Zweipunktregler attraktiv, weil kostengünstige Sensoren mit binärem Ausgangsignal ausreichen. Zweipunktregler erzielen aber i.Allg. keine hohe Regelgüte. Die Beschränkung auf die zwei Schaltzustände „An“ und „Aus“ hat z.B. anhaltende Oszillationen der Regelgröße um die Führungsgröße zur Folge (siehe Abb. 1). Die Amplitude der Oszillation ist von der Hysterese des verwendeten Schalters sowie der Streckenverzögerung abhängig und beeinflusst den Energieverbrauch maßgeblich. Ein häufiges Ein- und Ausschalten des Aktors, das sich z.B. bei einer geringen Sensorhysterese oder einer kleinen Streckenverzögerung ergibt, stellt außerdem eine hohe Belastung des Aktors dar.
Abbildung 1: Verlauf der Regel- und Stellgröße bei der klassischen Zweipunktregelung eines Systems mit Verzögerung erster Ordnung (PT1). Deutlich zu sehen ist das häufige Ein- und Ausschalten des Aktors und die resultierende hochfrequente Oszillation der Regelgröße.
Im Rahmen der Forschung unseres Lehrstuhls ist ein patentierter, adaptiver Zweipunktregler entwickelt worden, der die Nachteile des einfachen Zweipunktreglers umgeht und die Vorteile der simplen Implementierung und der vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten erhält. Adaptive Zweipunktregler der entwickelten Art benötigen als Signale lediglich die Schaltpunkte des binären Sensors sowie die Schaltzeiten zwischen dem Umschalten des Sensors. Technische Daten zum genutzten Sensor werden nicht benötigt.
Die Stellgröße des Reglers berechnet sich aus einem Mittelwert und einer Amplitude. Durch Anpassung der Amplitude während der Regelung lassen sich die Schaltzeiten verschiedener Sprungantworten messen, aus denen sich in Verbindung mit den verknüpften mathematischen Gleichungen die optimale Amplitude berechnet, die zu minimalen Schaltgrößen führt.
Abbildung 2: Definition eines Zyklus. Die Regelgröße (schwarze Linie) startet einen Zyklus am oberen Schaltpunkt (gestrichelte Linie) und erreicht nach dem Zeitintervall den unteren Schaltpunkt. Nach dem Zeitintervall erreicht die Regelgröße wieder den oberen Schaltpunkt, womit der Zyklus beendet wird und ein neuer beginnt.
Der Regler ist in der Lage, dem Aktor wertkontinuierliche Signale bereitzustellen und die Oszillation um die Führungsgröße auf ein Minimum zu reduzieren, was insbesondere auf einen geringeren Energieverbrauch und eine geringere Aktorbelastung führt.
Das aktuelle Projekt hat eine Vergrößerung der Anwendungsklassen und Implementierungen von Demonstratoren zum Ziel, die eine Anwendbarkeit sowohl im industriellen Umfeld als auch in Endkundenprodukten wie Haushaltsgeräten belegen.
In einem ersten Schritt sind zunächst Systeme modelliert und simuliert worden, die ein möglichst breites Anwendungsspektrum des Reglers abbilden. Dazu sind neben einer Umwälzpumpe in einem Heizungskreislauf, einer Regenrückhaltestation, einem Luftbefeuchter und -entfeuchter und einem Luftkompressor auch Haushaltsgeräte wie eine Siebträgermaschine, ein Kochfeld sowie ein Backofen betrachtet worden. Der Regler selbst umfasst drei mögliche Varianten: Zum einen wird ein Regler für einen Anwendungsfall mit nur einem binären Sensor betrachtet, der auf Grundlage eines mathematischen Modells seine Reglerparameter bestimmt. Eine zweite Variante nutzt hingegen einen heuristischen Ansatz zur Bestimmung der optimalen Parameter. Für die Anwendung des Reglers mit zwei binären Sensoren existiert außerdem eine dritte Variante des adaptiven Zweipunktreglers.
Die verschiedenen Reglervarianten sind mithilfe automatischer Tests an den Systemen geprüft und angepasst worden, sodass eine erfolgreiche Regelung der Systeme mit nur einer Konfiguration der Parameter realisiert werden konnte. Zurzeit findet die Implementierung des adaptiven Reglers auf einem Mikrocontroller sowie die Entwicklung einer Weboberfläche statt, die es einem Anwender ermöglichen soll, Reglerparameter an einem mobilen Endgerät auslesen und anpassen zu können.
Abbildung 3: Verlauf der Regel- und Stellgröße bei der adaptiven Zweipunktregelung eines Systems mit Verzögerung erster Ordnung (PT1). Erkennbar sind die deutlich kleineren Amplituden der Stellgröße sowie die geringere Häufigkeit des Umschaltens im Vergleich zu einer Regelung mit klassischem Zweipunktregler (vgl. Abb. 1).
Dieses Vorhaben wurde aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.