- Ruhr-Universität Bochum
PraedNWG: Prädiktive Regelung von Nichtwohngebäuden
Das Projekt PraedNWG beschäftigt sich mit der Energieoptimierung von Nichtwohngebäuden mit Hilfe von Methoden der prädiktiven Regelung. Dabei bringen drei Projektpartner ihre Expertise in den Bereichen der Energieflussmessung und -optimierung (ManageE GmbH & Co. KG), der Cloud-basierten Software-Entwicklung (InTradeSys GmbH) sowie der regelungstechnischen Methoden (Lehrstuhl für Regelungstechnik und Systemtheorie der Ruhr-Universität Bochum) in das öffentlich geförderte Forschungsprojekt ein. Ziel ist es, das Energiemanagement von Büro- und Fabrikgebäuden zu optimieren und somit neben Energie auch CO2-Emissionen einzusparen.
Abbildung 1: Blockdarstellung der Energieoptimierung.
Kernelement für die Energieoptimierung und daher auch Teil des Projektakronyms ist die prädiktive Regelung, wie in Abbildung 1 dargestellt. Mithilfe eines mathematischen Gebäudemodells kann das zukünftige Verhalten des Gebäudeenergiesystems prädiziert werden. Ausgangspunkt für die Vorhersage ist dabei der Systemzustand zum jeweils aktuellen Zeitpunkt, der durch die Sensorik-Hardware von ManageE erfasst wird. Das vorhergesagte Systemverhalten ist dabei abhängig von den Energieflüssen innerhalb des Gebäudes, die durch die Gebäudetechnik eingestellt werden. Ein Beispiel für einen solchen Energiefluss ist die Entladung eines Batteriespeichers zum Betrieb einer Wärmepumpe, die einen Wärmespeicher erhitzt. Der prädiktive Regler optimiert durch Variation der zeitlichen Energieflüsse das prädizierte Systemverhalten mithilfe des mathematischen Gebäudemodells und berücksichtigt dabei auch externe Einflüsse wie das Wetter durch Wetterprognosen. Das Ergebnis der Optimierung sind optimale Energieflüsse, die über die Hardware von ManageE an die Gebäudetechnik weitergegeben werden und dort umgesetzt werden.
Um auf Störungen und Modellungenauigkeiten reagieren zu können, wird die Optimierung mit einem festen Zeitintervall, bspw. alle 15 Minuten, wiederholt und die aktualisierten Energieflüsse an die Gebäudetechnik weitergegeben.
Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die domänenübergreifende Optimierung, bei der bspw. das elektrische und thermische System nicht wie bisher getrennt, sondern gemeinsam betrachtet und optimiert werden. Auf diese Weise ist es möglich, Lastverschiebungspotenziale zu nutzen, um so z.B. einen größeren Teil des Gebäudeenergiebedarfs aus lokaler Photovoltaik zu decken.
Abbildung 2: Umsetzungskonzept
Das Konzept zur Umsetzung der prädiktiven Gebäuderegelung ist in Abbildung 2 dargestellt. Um die Optimierung leicht auf verschiedene Gebäude anwenden zu können, wird durch InTradeSys die Software-Komponente eines Konfigurators entwickelt. Dieser ermöglicht es, ein maßgeschneidertes digitales Abbild eines spezifischen Gebäudeenergiesystems durch die Verschaltung von Komponenten aus einer Komponenten-Bibliothek zu erstellen.
Die vom Konfigurator erstellte, formale Beschreibung des Energiesystems bildet dann die Grundlage für die Erstellung eines Energiesystemmodells, das für die Prädiktion des Systemverhaltens benötigt wird. Um auch hier die notwendige Flexibilität zu erreichen, wird ein modularer Modellierungsansatz verfolgt.
Die Erfassung des aktuellen Systemzustands erfolgt durch die Sensorik von ManageE, die kontinuierlich die relevanten Messgrößen misst und in eine Cloud übermittelt, in der die Daten in einer Datenbank archiviert werden.
Die archivierten historischen Daten werden dazu verwendet, Modellparameter zu anzupassen, um bspw. die Alterung von Teilkomponenten erfassen zu können. Mit der aktuellsten Messung des Systemzustandes und dem Energiesystemmodell kann durch die prädiktive Regelung ein Optimierungsproblem formuliert werden, das mit Hilfe eines Cloud-basierten Optimierungsalgorithmus gelöst wird.
Die so bestimmten optimalen Energieströme werden wiederum mit Hilfe der Hardware von ManageE an die Gebäudetechnik gesendet. Zusätzlich ermöglicht eine Visualisierung den Gebäudenutzern einen Einblick in die aktuellen Energieströme und Optimierungsvorgänge in Echtzeit.
Abbildung 3: Simulation des optimierten Gebäudebetriebs des Versuchsgebäudes AUDAX.
Ein beispielhaftes Ergebnis des optimierten Gebäudebetriebs ist in Abbildung 3 dargestellt. In diesem Fall wurden die Energieflüsse des Gebäudebetriebs für Messdaten eines Szenarios des Versuchsgebäudes der AUDAX Wirtschaftsprüfer & Steuerberater in Arnsberg optimiert. Das Optimierungsziel war dabei die maximale eigene Verwendung der lokal erzeugten Photovoltaikleistung. Aus der Abbildung ist ersichtlich, dass dieses Ziel auch erreicht wurde, denn es wurde kaum Photovoltaikleistung zurück ins Versorgungsnetz gespeist. Stattdessen nutzt der prädiktive Regler die überschüssige Photovoltaikleistung, um sowohl den Batterie- als auch den Wärmespeicher zu füllen. Diese gespeicherte Energie kann dann zu einem späteren Zeitpunkt genutzt werden, wie hier zum Heizen des Gebäudes am Abend. Dabei hat der prädiktive Regler diesen zukünftigen Energiebedarf aufgrund der im Prädiktionsmodell enthaltenen Bedarfsverläufe bereits beim Aufladen berücksichtigt.