- Ruhr-Universität Bochum
Parametrische Modellreduktion für die skalenübergreifende Simulation partikelbeladener Strömungen
Vom konsumentennahen Kaffeerösten bis hin zum großindustriellen Kalkbrennen – Schüttungen mit reagierenden Gasen sind in industriellen Prozessen weit verbreitet. Weil diese Prozesse sehr energie- und ressourcenintensiv sind, bieten sie ein großes Potential hinsichtlich einer systematischen Optimierung basierend auf hochauflösenden Simulationen.
In diesem Umfeld haben sich gekoppelte DEM/CFD-Simulationen als mächtiges analytisches Werkzeug bewährt. In DEM/CFD-Simulationen wird sowohl die mechanische Interaktion der Partikel untereinander aufgelöst als auch der umströmende Fluss der Reaktionsgase simuliert. Diese Berechnungen sind naturgemäß komplex, weil die Anzahl in der Größenordnung von 103 bis 104 Partikeln, die räumlich aufgelöste gasdurchströmte Schüttung selbst und die nichtlineare Dynamik der chemischen Reaktionen berücksichtigt werden müssen (vgl. Abb. 1).
Abbildung 1: Ausschnitt eines Trommeltrockners zur Holzschnitzeltrocknung. Die Simulation der partikelinternen Temperatur- und Feuchteverteilung erfolgt durch zustandsabhängige partielle Differentialgleichungen. Durch die Projektion auf fünf Moden ergibt sich ein signifikant geringerer Rechenaufwand.
Einerseits ist die präzise Beschreibung der Reaktionsdynamik auf Partikelebene, beispielsweise der Kalzinierung eines einzelnen Kalksteinpartikels im Kalkofen, für die gesamte Simulation entscheidend. Andererseits würde die vollständige, simulative Auflösung der Reaktionsdynamiken aller Partikel den Rahmen für den, ohnehin schon großen, Berechnungsaufwand sprengen. In bestehenden Simulationsanwendungen wird daher die Reaktionsdynamik in den Partikeln oft nur näherungsweise berücksichtigt, obwohl genauere Einzelpartikelmodelle prinzipiell zur Verfügung stehen.
An dieser Stelle greifen reduzierte Partikel-Modelle an: ihr Ziel ist die hocheffiziente, näherungsweise Beschreibung der partikelinternen Reaktionsdynamik unter Berücksichtigung des umgebenden Gases und der übrigen Partikel. Im Projekt werden reduzierter Partikelmodelle industriellen Prozessen aus bestehenden hochaufgelösten Modellen abgeleitet, die in DEM/CFD-Simulationen eingebunden werden können. Abbildung 1 illustriert beispielhaft für die Holzschnitzeltrocknung, welche Verringerungen der Rechenzeit durch reduzierte Modelle möglich sind.
Eine besondere Herausforderung stellt dabei die Abhängigkeit der simulierten Prozesse von einer Vielzahl von Parametern dar. Bei der Trocknung von Holzpartikeln variieren unter anderem die Faserrichtung, Dichte, Porosität und Größe von Partikel zu Partikel und alle diese variablen Parameter müssen idealerweise vom reduzierten Modell berücksichtigt werden. Modellreduktionsmethoden, die es erlauben, das Verhalten von hochaufgelösten Modellen unter Variation mehrerer solcher Parameter auf das reduzierte Modell abzubilden, sind Gegenstand der Forschung. Unser Ziel ist die Weiterentwicklung von Methoden zur Erstellung von parametrischen reduzierten Modellen für die genannten Anwendungen. Dazu kommen Methoden der Differentialgeometrie, Tensorrechnung und des maschinellen Lernens zum Einsatz.